Acanthocystis turfacea ist eine von Carter 1863 zusammen mit der Gattung (Biologie) Acanthocystis[5][2] erstbeschriebene Art (Spezies) in der Familie (Biologie) Acanthocystidae.[1][6][7][8][9][10] Damit ist A. turfacea die Typusart der Gattung Acanthocystis. Wie bei den anderen Mitgliedern dieser Gattung sind die Organismen dieser Spezies kugelförmige Einzeller, deren „hervorstechendstes“ Merkmal drei unterschiedliche, jeweils in allen drei Dimensionen radial abstehende Strukturen sind: lange und kurze glasartige (kieselhaltige) Stacheln (Spiculen, lat. Spicula, en. siliceous spicules) und länglichen Scheinfüßchen (Pseudopodien), hier deswegen auch Axopodien genannt. Die Spicula sind an ihren Spitzen (d. h. distal) gegabelt.[11] Diese Strukturen gehen aus vom sog. Zentroplast (nicht zu verwechseln mit Zentrosom), der sich in der Mitte der Zelle befindet, weshalb der eigentliche Zellkern deutlich exzentrisch platziert ist.[10] Wegen dieser Morphologie (Biologie) werden die Mitglieder der Familie Acanthocystidae zusammen mit A. turfacea informell als Sonnentierchen (Heliozoa) bezeichnet. Diese Gruppe hat sich allerdings als nicht monophyletisch erwiesen und hat daher ihren Status als Taxon verloren. Die Gruppe der Sonnentierchen mit Zentroplast wird aber von den meisten Autoren als Klasse (Biologie) mit der Bezeichnung Centrohelea[1][12] bzw. nach Thomas Cavalier-Smith als Centroplasthelida[13][14] (deutsch Centroheliden) anerkannt.
A. turfacea ist die bei weitem am besten erforschte Acanthocystis-Art.[10] Der Periplast (d. h. die Zelle ohne Spicula und Axopodien) hat einen Durchmesser von 10–150 μm, durchschnittlich 60–90 μm.[10][3] Platten- und Stachelschuppen sind getrennt in zwei dicht übereinander liegenden Schichten angeordnet.[3]
Die Ermittlung der Feinstruktur der Platten- und Stachelschuppen ist von größter Bedeutung für die Anatomie von A. turfacea, insbesondere in Bezug auf die Abgrenzung zu anderen Arten,[3] wenn nicht auf DNA-Sequenzierung zurückgegriffen werden kann; allerdings liegt diese größtenteils jenseits des Auflösungsvermögens von Lichtmikroskopen.[3]
Die radialen Stachelschuppen (Spicula) kommen in zwei Typen vor, kurz und lang. Die Spicula des ersten Typs haben eine Länge von 3,3–15 μm, nach anderen Angaben 6–14,5 μm oder 8–155 μm. Die des zweiten Typs haben eine Länge von 12–30 μm, nach anderen Angaben auch bis 45–65 μm. Eine scharfe Trennung zwischen den beiden Varianten jedoch kaum möglich, wegen der Überschneidung der Längenbereiche und da es auch Übergangsformen gibt: In der Regel sind auch viele Stacheln mittlerer Länge (25–35 μm) vorhanden.[10][3]
Die Spicula sind am äußeren Ende gegabelt („apikale Furca“, en. apical furca). Die kurzen Stachelschuppen sind deutlich zweigeteilt, jede trägt an der Spitze zwei lange Endstücke. Die längeren Stachelschuppen sind ebenfalls, aber weniger deutlich gegabelt, jedoch mit mindestens drei kürzeren Spitzen. Die Länge des Stiels scheint also im umgekehrten Verhältnis zur Länge der Gabelung zu stehen.[3][10] Der Schaft der Spicula ist gerade und scheint hohl, er sitzt mittig auf einer kreisförmigen oder ovalen Scheibe als Basis von 1,5–4,5 μm,[10] bei den längeren Spicula 6–14,5 μm bzw. 2,3–4,5 μm[3] im Durchmesser.
Die tangentialen Plattenschuppen am Periplast sind oval (bzw. länglich ellipsoidisch) und messen 1,9–5,5 × 3,7–12,0 μm,[10] nach anderen Angaben 3,7–4,2 × 1,9–2,2 μm bzw. 3,5–5,5 × 8–12 μm.[3] Im Rasterelektronenmikroskop (REM, en. SEM) erscheinen sie flach, oft leichtleicht konvex nach einer Seite gebogen mit einer leichten Verdickung in der Mitte.[10][3] Beide Seiten (innen und außen, „ventral“ und „dorsal“) haben eine glatte Oberfläche ohne Muster, abgesehen von einer schwach entwickelten zentralen Rippe.[3] In der Schicht der Plattenschuppen wurden mehrere Poren beobachtet, die in regelmäßigen Abständen über die Oberfläche der Zelle verteilt waren und einen Querschnitt von etwa μm aufwiesen. Die Poren ermöglichen vermutlich den Durchgang von Nahrungs- und Abfallstoffen durch die Zellhülle.[3]
Die Axopodien sind kräftig und deutlich granuliert.[3] Der Zellkern ist stark exzentrisch platziert und formbestimmend.[10]
Oft sind symbiotische Zoochlorellen vorhanden, früher wegen des in diesen enthaltenen Chlorophylls phänomenologisch auch Chlorophyll-Körper oder -Körperchen (en. chlorophyll corpuscles) genannt (siehe Abb.). Individuen mit Zoochlorellen sind in der Regel größer als solche ohne symbiotische Algen.[10][11]
Die Zysten sind mit einem kieseligen Belag (Hülle) ausgestattet.[10]
A. turfacea ist eine Süßwasser-Spezies und bevorzugt oligotrophe bis eutrophen (insbesondere detritusreiche) Gewässer. Die Art ist kosmopolitisch (weltweit) vertreten.[3][10] Carter beschrieb erstmals A. turfacea erstmals 1863 aus Proben von Heidemooren (en. heath bogs) an der südlichen Küste von Devon fand.[3] Penard fand sie in einer Tiefe von 30–40 m im Genfer See und Leidy in den Rocky Mountains bis in eine Höhe vom 3300 m.[10] Weitere Fundorte sind der Lago di Garcia (en. Lake Garcia, Roccamena, Provinz Palermo, Sizilien) und Jocks Lagoon,[15] Tasmanien.[3]
In seiner Erstbeschreibung der Spezies A. turfacea 1863 beobachtete Carter weder die kürzere Art der Stachelschuppen (Spicula) noch überhaupt die Existenz von Plattenschuppen. Eine detailliertere Beschreibung stammt von Greeff (1869), der die Art als A. viridis (Ehrb.) Carter identifizierte. Es folgte eine weitere Beschreibung mit detaillierten Zeichnungen von Leidy (1879), der sie als A. chaetophora klassifizierte.[3]
A. turfacea ist eine der wenigen Acanthocystis-Arten, die im Lichtmikroskop (LM) mit einiger Sicherheit identifiziert werden können; was an der relativen Größe dieser Einzeller und der Ausstattung mit den gegabelten Spicula liegt.[3][10] Manchmal gibt es relativ viele kleine gegabelte Stachelschuppen; die Exemplare mit vielen langen Stachelschuppen und wenigen charakteristischen gegabelten kurzen Stachelschuppen sind mit dem Lichtmikroskop ausnahmsweise schwer von der Schwesterart A. penardi zu unterscheiden.[10]
Das Art-Epitheton turfacea bezieht sich auf die Herkunft der Probe für die Erstbeschreibung, Torf (vgl. lateinisch ulîgo turfacea, englisch peat bog, deutsch ‚Torfmoor‘)[16]
Die Taxonomie der Gattung Acanthocystis und damit der Art A. turfacea ist immer noch in der Diskussion:
Alle derzeit (Stand Mitte Januar 2022) bekannten mit A. turfacea assoziierten Viren gehören der Gattung Chlorovirus (Familie Phycodnaviridae) an und sind Riesenviren.
Da A. turfacea gewöhnlich endosymbiotische Zooxanthellen der Gattung Chlorella, kann eine dem Wirt gefundene Virus-Gensequenz bedeuten, dass dieses Virus A. turfacea oder Chlorella parasitiert, da es in der Gattung Chlorovirus mehrere Vertreter gibt, die Chlorella und Verwandte infizieren, ist möglicherweise eher letztere zu vermuten. Die aktuelle Bezeichnungsweise berücksichtigt diesen Umstand jedoch nicht, die Viren werden als A. turfacea Chlorella virus (ATCV) bezeichnet und nicht als etwa „A. turfacea associated Chlorella virus“ („ATaCV“). Derzeit gibt es zwar nur eine einzige Spezies von mit Acanthocystis-Arten assoziierten Viren, die vom International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) offiziell bestätigt ist, Acanthocystis turfacea chlorella virus 1 (ATCV-1, auch kurz Chlorovirus ATCV-1 genannt).[23][24][25][26][27]
Der natürliche Wirt (Biologie) von ATCV-1 ist die Art Chlorella heliozoae; dagegen wird Chlorella variabilis nicht infiziert.[28][29] Obwohl der Hauptwirt – als Zoochlorellen von A. turfacea[30] – zu den einzelligen Protisten gehört, scheint diese Spezies auch eine pathologische (krankmachende) Wirkung auf Mammalia (Säuger) zu haben (belegt für Menschen wie Mäuse).[31]
Über diese bestätigte Spezies hinaus kennt das National Center for Biotechnology Information (NCBI) eine ganze Reihe weiterer vorgeschlagener mit A. turfacea assoziierter Viren, alle in der Gattung Chlorovirus:[32]
Acanthocystis turfacea ist eine von Carter 1863 zusammen mit der Gattung (Biologie) Acanthocystis erstbeschriebene Art (Spezies) in der Familie (Biologie) Acanthocystidae. Damit ist A. turfacea die Typusart der Gattung Acanthocystis. Wie bei den anderen Mitgliedern dieser Gattung sind die Organismen dieser Spezies kugelförmige Einzeller, deren „hervorstechendstes“ Merkmal drei unterschiedliche, jeweils in allen drei Dimensionen radial abstehende Strukturen sind: lange und kurze glasartige (kieselhaltige) Stacheln (Spiculen, lat. Spicula, en. siliceous spicules) und länglichen Scheinfüßchen (Pseudopodien), hier deswegen auch Axopodien genannt. Die Spicula sind an ihren Spitzen (d. h. distal) gegabelt. Diese Strukturen gehen aus vom sog. Zentroplast (nicht zu verwechseln mit Zentrosom), der sich in der Mitte der Zelle befindet, weshalb der eigentliche Zellkern deutlich exzentrisch platziert ist. Wegen dieser Morphologie (Biologie) werden die Mitglieder der Familie Acanthocystidae zusammen mit A. turfacea informell als Sonnentierchen (Heliozoa) bezeichnet. Diese Gruppe hat sich allerdings als nicht monophyletisch erwiesen und hat daher ihren Status als Taxon verloren. Die Gruppe der Sonnentierchen mit Zentroplast wird aber von den meisten Autoren als Klasse (Biologie) mit der Bezeichnung Centrohelea bzw. nach Thomas Cavalier-Smith als Centroplasthelida (deutsch Centroheliden) anerkannt.